TCM und Aromatherapie: Ganzheitliche Heilmethoden für Mensch und Tier

TCM und Aromatherapie: Ganzheitliche Heilmethoden für Mensch und Tier

von Martina Gottheis


annyeong-haseyo! Das ist koreanisch und heißt: Hallo!

Also: hallo, Ihr Lieben! Ich bin Martina und war begeistert als mich Astrid gefragt hat, ob man die Wirkung von Aroma-Ölen mit der TCM ergänzen kann. Astrid und ich haben uns vor Jahren „am Stall“ kennengelernt. Ich war noch mitten in der Ausbildung zur TCM-Therapeutin (human) und frischgebacken in meiner Rolle als Betreuerin, Coach und Service-Personal meines Ponys. Wir kamen sehr schnell ins Gespräch und Austausch, da wir beide eine gemeinsame Leidenschaft für ganzheitliche Betrachtungs- und Heilmethoden haben.

Das war bei mir aber nicht immer so – daher möchte ich diesen Blog starten, indem ich schildere, wie ich zur TCM (Traditional Chinese Medicine) gekommen bin. Ich habe viele Jahre im Vertrieb und strategischen Marketing in der chemischen Industrie gearbeitet – mit Erfolg. Und dieser Erfolg hatte seinen Preis: als ich meinem Mann nach Südkorea gefolgt bin, hat mich ein doppelter Bandscheibenvorfall dahingerafft. Natürlich NACHDEM der letzte Umzugskarton ausgepackt und der Inhalt verstaut war. Einen zufällig anstehenden Heimatbesuch habe ich dann nützen müssen, um die Diagnose zu bekommen, dass eine OP angeraten ist: 90 % des Spinalkanals waren blockiert – die Frage nach Inkontinenz konnte ich glücklicherweise verneinen.

Bis zu diesem Zeitpunkt war ich der Meinung, dass doch bitteschön eine Pille (oder mehrere) meine Schmerzen, gesundheitlichen Probleme lösen mögen – ohne, dass ich etwas an meinem Lebensstil ändern muss. Da ich aber eine OP im Wirbelsäulenbereich wirklich vermeiden wollte, habe ich mich an die TCM-Klinik Jaseng, Seoul gewandt, um einen alternativen Weg zur reinen Schulmedizin zu gehen.

Die Jaseng-Klinik behandelt Krankheitsbilder nach TCM – nutzt aber auch zum Beispiel schulmedizinische Diagnostikmöglichkeiten. Und das ist der Unterschied zu Deutschland oder der westlichen Welt: in Südkorea wird komplementär gedacht.

In Südkorea wird die TCM (die im asiatischen Raum „Traditional Oriental Medicine“ genannt wird – um Verwirrung zu vermeiden, bleibe ich bei der Bezeichnung TCM) als Korean Traditional Medicine gelehrt und praktiziert. Die KTM beinhaltet im Studiengang nicht nur die TCM, sondern lehrt auch Inhalte der Schulmedizin. Die Idee ist, beide Ansätze und Behandlungsmethoden in Harmonie anzuwenden.

Das Studium der KTM dauert 6 Jahre und ist dem schulmedizinischen Studium, Abschluss und Doktortitel gleichgestellt. (Korea Institute of Oriental Medicine) Ich begab mich also in die Behandlung der Jaseng Klinik – mit Akupunktur, Moxibution, Tuina (chinesische manuelle Therapie) und nicht sehr wohlschmeckenden chinesischen bzw. koreanischen Kräutertinkturen habe ich die OP erfolgreich vermieden. Und jeder deutsche Orthopäde gratuliert mir heute noch dazu.

Dazu habe ich gelernt, dass es nicht nur um den Körper geht, sondern auch um die Gesunderhaltung des Geistes, des Körpers im Allgemeinen und die Lebensführung. Ich habe Kouksundo (Jeonghwan Choi), eine taoistische Form der Meditation, praktiziert und kochen gelernt – komplett ohne Zusatzstoffe! Die geliebten Fertigprodukte gab es nämlich zum Zeitpunkt meines Aufenthalts in Seoul nicht. Na gut, es gab Fertigprodukte für die koreanische Kulinarik – leider konnte ich den Verwendungszweck nicht erkennen und habe dann doch lieber auf meine einzelnen Kräuter zurückgegriffen. Dazu regelmäßige Bewegung an der frischen Luft, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Stress (zum Zeitpunkt meines Aufenthalts hatte ich noch ein Fernstudium absolviert) und Entspannung.

Zusammenfassend sind wir damit bei den 5 Grundsäulen der TCM: Akupunktur (+ Moxibustion), Kräuter, Tuina (chinesische manuelle Therapie), Diätetik und Meditation (Qi Gong, Tai Chi). Die allgemeine Lebensführung wird nicht spezifisch genannt, komplettiert für mich aber einen gesunden, ausgewogenen und zufriedenen Lebensstil. Und dieses Prinzip gilt natürlich nicht nur für uns Menschen, sondern auch für unsere Pferde. In China wurde bereits vor mehreren tausend Jahren die TCM auf Tiere im Haushalt übertragen, da schon früh versucht wurde, die Krankheitsbilder zu verstehen. Und zu sie zu heilen. Es wird vermutet, dass bereits in der Steinzeit, Tiere akupunktiert wurden (dann wohl eher nach dem empirischen Prinzip), um die Heilungskräfte zu aktivieren (Huisheng Xie, Vanessa Preast).

Die Behandlung von Krankheiten mit Kräutern (Phytotherapie) wird seit – wahrscheinlich – Jahrtausenden vorbeugend und im akuten Fall auch in unserer westlichen Hemisphäre bei unseren Haustieren angewandt. Ein Beispiel sind Kräutermischungen bei Husten oder Atemwegserkrankungen (Christiane Gohl). Und ich denke, dass Ihr wisst, wie hilfreich die Verabreichung von zum Beispiel Flohsamenschalen oder Leinsamen bei Kotwasser ist.

Tuina ist eine chinesische manuelle Therapieform – der Begriff „Tuina“ setzt sich aus den Begriffen „tui“ = schieben und „na“ = greifen zusammen. Bereits vor mehr als zweitausend Jahren fand die Tuina breite Anwendung in China und wurde und wird zur Behandlung verschiedenster Erkrankungen aller Teile des Körpers eingesetzt und geht damit über die „rein manuelle Therapie“ hinaus (Han Chaling). Damit ist der Vergleich zu westlichen manuellen Therapieformen wie Physiotherapie oder chiropraktische Maßnahmen schwierig, da hier die körperlichen beziehungsweise Muskel-, Sehnen-, skelettalen Probleme im Vordergrund stehen. Am nächsten kommt der Tuina wahrscheinlich der osteopathische Ansatz.

Ich behandele Pferde nie rein physiotherapeutisch, sondern kombiniere die Verfahren der Physiotherapie unter anderem mit Methoden von Qi Gong Tuina. Qi Gong Tuina ist eine Therapieform, mit der man – neben körperlichen Blockaden – auch tiefer geht und zum Beispiel die Mitte, den Funktionskreis Lunge, … harmonisiert, stärkt, … (je nach Bedarf des / der PatientIn). Damit verfolge ich einen ganzheitlichen Ansatz bei der Behandlung meiner PatientInnen.

Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass viele der heute vermehrt auftretenden Krankheitsbilder bei Pferden wie diffuse Stoffwechselstörungen, Allergien, Atemwegserkrankungen oder Erkrankungen ohne eindeutige Diagnostik darauf hindeuten, dass es einen Zusammenhang zwischen der Ernährung (Diätetik) in Kombination mit mangelnder Bewegung gibt, und wir uns hinsichtlich der Fütterung „back to the roots“ begeben müssen, was die Qualität, Prozessierungsgrad (leicht verdauliche Futtermittel) und Inhaltsstoffe betrifft (Christina Fritz; Souel Maleh). Die Säule „Qi Gong / Tai Chi“ ist im Zusammenhang mit Pferden natürlich ein spannender Aspekt. Pferde sind intelligente und hoch-soziale Wesen mit einer ausgeprägten Körpersprache und Kommunikation. Studien in England belegen, dass Pferde durchaus in der Lage sind, den Gesichtsausdruck seines / des Menschen zu lesen und zu verstehen. Die langverbreitete Idee, dass ein lächelnder Mensch (entblößte Zähne) vom Pferd als Bedrohung wahrgenommen wird, ist also nicht korrekt (Alena Brandt). Heißt das dann aber nicht auch, dass wir unseren Pferden helfen können, um zu entspannen, indem wir unserem Partner Pferd genau das im Umgang signalisieren?

Ich praktiziere regelmäßig Qi Gong mit meinem Pony und spüre während der Übung, wie mein Pony runterfährt, sich entspannt. Auch während des Trainings schiebe ich immer wieder kurze Einheiten ein, und habe das Gefühl, dass unsere Kooperation damit harmonischer ist und mein Pony bei schwierigeren Trainingseinheiten zwar gefordert, aber nicht gestresst wird. Wie beim Menschen sind die beschriebenen Säulen nur Puzzle-Teile des Ganzen: der Umgang und das Miteinander in der Herde, die Art und Weise der Unterbringung, Abwechslung von Forderung und Entspannung während des Zusammenseins mit dem Menschen, … runden das Bild ab.

 

Quellenverzeichnis:

 

  1. Korea Institute of Oriental Medicine: Oriental Medicine in Korea (Link)
  2. Jeonghwan Choi: "What is the Definition of Kouksundo (Sundo)?" (Link)
  3. Huisheng Xie; Vanessa Preast: “Xie’s Veterinary Acupuncture” (Link)
  4. Christiane Gohl: “Was der Stallmeister noch wusste“ (Link)
  5. Han Chaling: “Leitfaden Tuina” (Link)
  6. Christina Fritz; Souel Maleh: “Zivilisationskrankheiten des Pferdes“ (Link)
  7. Alena Brandt: „Fein über Blicke mit Pferden kommunizieren“ (Link)

 

 

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